Erfolgsgeschichten aus dem bayerischen Einzelhandel

Dezember 2022

Die Günther Rid Stiftung für den bayerischen Einzelhandel stellt die 13. von vielen bayerischen Erfolgsgeschichten vor. Wir führen unsere Serie "Erfolgsgeschichten aus dem bayerischen Einzelhandel" fort – mit Peter Schödlbauer, Inhaber des Geschäfts „Mode Schödlbauer“ in dem beschaulichen Ort Bad Kötzting im Landkreis Cham.

Episode 13 – „Mode Schödlbauer“: Erfolgsmodell virtuelle Sortimentserweiterung

Top konfiguriert aus dem Online-Shop.

Der Große Arber ist nicht weit entfernt, viele Ausflugsziele laden zum Wandern ein, die Stadt selbst, Bad Kötzting, liegt inmitten einer weit geschwungenen Hügellandschaft. Längst hat dort auch die digitale Zukunft Einzug gehalten – unter anderem mit dem Geschäft „Mode Schödlbauer“ an der Rathausgasse. Der Erfolg des Unternehmens mit dem gelernten Einzelhandelskaufmann Peter Schödlbauer an der Spitze: der professionelle Verkauf von Kleidern, Schuhen und anderen Textilien mittels eines ausgeklügelten Online-Tools, und zwar stationär und online. Die Strategie lässt sich mit dem Begriff „virtuelle Sortimentserweiterung“ umreißen. Das bedeutet: knappe und teure Verkaufsfläche sparen, gleichzeitig aber alle Waren verfügbar haben und sie im Netz sichtbar machen. Über Tablets kann das gewünschte Produkt in Sekundenschnelle konfiguriert werden und steht zur Aushändigung zur Verfügung.

Führt erfolgreich das traditionsreiche Modehaus Schödlbauer: Peter Schödlbauer. Foto: Rid Stiftung / Jan Schmiedel

Kundenwünsche können bekanntlich anspruchsvoll sein. Das gilt vor allem für die Textil- und Modebranche mit ihrer Vielfalt an Produkten. Hemden, Jacken, Schuhe, Blusen, Röcke: All das muss den individuellen Vorlieben der potenziellen Käuferinnen und Käufer Rechnung tragen und gibt es entsprechend in unendlichen Varianten. Der Fachhändler vor Ort ist damit nicht selten vor zwei Probleme gestellt: Zum einen verfügt er – anders als die großen Kaufhäuser und die Mega-Stores in den Gewerbegebieten – nicht über hinlänglich viel Laden- und Lagerflächen. Zum anderen reicht es nicht, ein Produkt einfach nur auf Vorrat zu haben – es muss schließlich auch passen, der Kunde soll sich wohl fühlen mit dem, was ihn umgibt, kleidet und wärmt. Es soll ihm sprichwörtlich auf den Leib geschneidert sein. Ein Kleidungsstück ist keine Zeitschrift oder ein Buch mit Fixpreis und vorgegebenem Format. Es ist in seiner Größe variabel und muss bezüglich Taille, Körpergröße, Schulterbreite und anderen Maßen exakt angepasst werden, befindet sich also in einem stetigen Veränderungsprozess. Eine Frage der Konfiguration. Das zweite Problem.

Mit ein paar Klicks ist der Kunde drin im Sortiment – und kann das gewünschte Produkt selbst konfigurieren und maßschneidern lassen. Foto: Rid Stiftung / Jan Schmiedel

Beide Hürden hat Peter Schödlbauer, Inhaber des Geschäfts „Mode Schödlbauer“ in dem beschaulichen Ort Bad Kötzting im Landkreis Cham, elegant genommen – und zwar mit einem simplen Gedanken: Warum nicht das, was ich konkret nicht habe, Platz nämlich, einfach in seiner ganzen Fülle im Netz kompensieren? Das Modell der virtuellen Sortimentserweiterung war geboren. Und warum nicht dem Kunden und der Kundin selbst unter fachkundiger Anleitung ermöglichen, das gewünschte Kleidungsstück zu konfigurieren? Das ist der zweite einfache Gedanke des findigen Unternehmers, einer, der heute Co-Creation genannt wird. Die Innovation, die Schödlbauer aus der Masse der Konkurrenten heraushebt und die ihn in der Branche auf die Überholspur geführt hat, besteht aus zwei Elementen, die wie Zahnräder ineinandergreifen: einem ausgeklügelten Online-Tool und den Funktionalitäten dahinter – aber auch dem Kund*innen und dem Fachberater vor Ort. Der Käufer beziehungsweise die Käuferin teilt auf dem Tool die Änderungswünsche mit, eine hauseigene Änderungsschneiderei sorgt unmittelbar darauf für die Umsetzung. Dadurch wird teure Ladenfläche durch günstige Fläche ersetzt. Im Online-Shop „Hemdenmeister“ ist jedes Produkt abrufbar.

Exakte Konfiguration: Ein spezielles Online-Tool macht’s möglich.
Wie sieht das nun konkret aus? Ganz simpel: Auf allen Stockwerken des mehrgeschossigen Hauses stehen Terminals, auf denen den Kund*innen nicht nur die im Haus präsentierte Ware zur Konfiguration angeboten wird, sondern die gesamte Auswahl des Online-Shops gezeigt wird. Viele von Schödlbauers Kund*innen stammen zwar aus der Region, doch auch, wer weiter weg wohnt, in Hamburg, Stuttgart oder München etwa, hat online die Möglichkeit, seine Ware zu konfigurieren und sie anschließend versandfertig machen zu lassen. Oberstes Gebot: Passgenauigkeit. „Es reicht nicht, einfach nur bestimmte Farben oder gängige Größen wie Small, Medium oder Large anzubieten“, schildert der Unternehmer, „hier muss im Zentimeterbereich nachgebessert werden.“ Auf der hauseigenen Plattform nun hat der Kunde und die Kundin die Möglichkeit, sich das Wunschkleidungsstück so zusammenzustellen, wie man es haben möchte – und das ganz unkompliziert, mit nur ein paar wenigen Klicks.

Hemden, Hemden, Hemden – und das ist nur ein Teil des großen Sortiments im Lagerhaus. Insgesamt rund 40 000 Artikel sind verfügbar. Foto: Rid Stiftung / Jan Schmiedel

Das gewünschte Hemd soll nicht nur einfach dunkelblau sein, sondern ein wenig ins Anthrazitfarbene übergehen? Schödlbauer steht vor dem Terminal und klickt auf den Internet-Seiten seines Hauses auf die jeweiligen Schaltflächen. „Also etwas anthrazitfarben soll es sein“, murmelt er. „Mal sehen.“ Die abgebildeten Hemden weisen eine Fülle von Farben auf, doch das gewünschte ist nicht darunter. Heißt: Im Geschäft direkt ist es nicht vorrätig. Aber es könnte sich in den Lagerbeständen befinden. Und die sind gewaltig: Über 40 000 Artikel umfassen die dortigen Kapazitäten. Untergebracht ist die Ware in den gefühlt unzähligen Regalen im – für den Kunden nicht zugänglichen – Warehouse unweit des Verkaufsraumes. Oder – und das ist der zweite springende Punkt: Vor Ort ist es nicht erhältlich, kann aber über die Hersteller – Boss, Olymp, Casamoda, eterna und andere Top-Marken – bezogen werden, die ja das ganze Sortiment abdecken.

Schödlbauer klickt sich durch die Farbmuster – und tatsächlich: Dort ist es! Dieser Ton könnte es treffen. Allerdings hat der Kunde noch einen anderen Wunsch – einen, der ihm möglicherweise gar nicht so richtig bewusst ist, den man mit psychologischem Geschick erst herausfinden muss. „Medium“ entspricht zwar schon seiner Größe, doch irgendwie hat er das Gefühl, dass der Kragen noch nicht so am Hals sitzt, wie er es sein könnte. Um den bestmöglichen Wohlfühlcharakter zu erzeugen, kommt hier wieder die Konfigurierung ins Spiel. Im konkreten Fall bedeutet das: Die Kragenweite 40 nähert sich dem Idealwert zwar schon ganz gut an, doch der Hemdenschnitt muss sich ändern, aus „Medium“ wird also „Slim Fit“. Auch diese Konfigurierung lässt sich über das Terminal vornehmen, anschließend ist die Schneiderei am Zug, um es perfekt zu machen. Ganz nah dran sein an den jeweiligen Kund*innen, sowohl in puncto Zeit als auch Qualität: Das ist das Markenzeichen von „Mode Schödlbauer.“ Möglich macht das eine ausgeklügelte E-Commerce-Strategie, die mit Fug und Recht als Innovation bezeichnet werden kann.

Mode Schödlbauer – 24h-Mode-Trends & Stil

Das Textilkaufhaus Schödlbauer in Bad Kötzting im Landkreis Cham ist ein führendes Traditions-Modehaus, das sich seit seiner Eröffnung im Jahr 1934 konsequent weiterentwickelt und an die Bedürfnisse des Marktes angepasst hat. „Doch wichtiger als der Markt ist und bleibt der Kunde, dem wir mit Rat und Tat zur Seite stehen“, verspricht Inhaber Peter Schödlbauer. Der Lagerbestand ist mit rund 40 000 Artikel gewaltig. Zentraler Bestandteil des Erfolgs des Hauses ist der Online-Shop „Hemdenmeister“: Mittels eines Tools hat der Kunde die Möglichkeit, die Ware selbst zu konfigurieren. Im Haus wird das Produkt dann entsprechend angepasst und sofort versandfertig gemacht. Bei der Umsetzung des speziellen Online-Tools geholfen hat Schödlbauer die Günther Rid Stiftung für den bayerischen Einzelhandel.

Befühlen, betasten: Kleiderkauf lebt von Sinnlichkeit. Foto: Rid Stiftung / Jan Schmiedel

Wegbegleiter: die Günther Rid Stiftung für den bayerischen Einzelhandel.
Schon lange vor der tatsächlichen Entwicklung der Software hat Schödlbauer mit einem entsprechenden Tool geliebäugelt, sich den Kopf zerbrochen, wie das zu bewerkstelligen sei. Erste Anregungen erhielt er in den Jahren 1993 und 1994 mit Seminaren der Günther Rid Stiftung für den bayerischen Einzelhandel zu den Themen „Unternehmensführung“, „Strategieentwicklung“ und „Werbestrategien“ bei Prof. Dr. Gustav Kuhn. Es folgten weitere, eines der ausschlaggebenden fand unter der Federführung von Prof. Dr. Klaus Gutknecht von elaboratum New Commerce Consulting statt, einem Kooperationspartner der Rid Stiftung im Bereich E-Commerce und Cross-Channel-Strategien. Nutzerfreundlichkeit – das klingt ja schön und gut, aber das technische Know-how dafür will gelernt sein, schließlich stehen hinter jedem Klick Unmengen von Datenströmen, -analysen und Programmierschritte, für die es Spezialisten braucht. EDV-Expert*innen eben, und genau diese standen Schödlbauer nach dem Besuch der Weiterbildungen zur Seite, um das hauseigene Tool so zu entwerfen, dass die Wünsche seiner Kund*innen nicht nur exakt abgebildet, sondern gleich auf dem elektronischen Reißbrett umgesetzt werden können. Das Geschäft mit seinen aktuell 25 Mitarbeiter*innen wurde 2013 von der Stiftung mit dem Innovationspreis ausgezeichnet. Auch heute noch besucht Schödlbauer regelmäßig Veranstaltungen, „ich dürfte wohl so etwas wie ein Stammgast sein“, sagt er schmunzelnd.

„Nicht einfach nur gut sein, sondern zu den Besten gehören“: Dieses Motto des Gründers der Rid Stiftung hat Peter Schödlbauer wie kein anderes verinnerlicht. Foto: Rid Stiftung / Jan Schmiedel

Trotz Lieferkettenschwierigkeiten und der aktuellen globalen Spannungen, befindet sich das Geschäft weiter auf Erfolgskurs. Dies auch dank eines weitsichtigen Nachhaltigkeitskonzepts. Die Ressourcen dieser Erde sind bekanntlich begrenzt, der Raubbau an der Natur muss aufhören, und wo es an Menschlichkeit fehlt, muss der Haussegen zwangsläufig irgendwann schief hängen. Nicht so bei Schödlbauer: „Wir wissen, was wir an unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen haben, sie sind unser Kapital und der Garant unseres Erfolges“, schildert der Firmeninhaber. Viele seien inzwischen seit über 25 Jahren im Betrieb – und deswegen die tragenden Säulen im Geschäftsalltag. Auch gesellschaftlich ist das Haus Schödlbauer sehr engagiert und unterstützt die Schulen im Ort bei diversen Veranstaltungen, fördert den Breitensport und insbesondere Kinder- und Jugendliche – unter anderem als Sponsor des „Mode Schödlbauer Inline Bambini Cup“. Und um den Energieverbrauch so gering wie möglich zu halten, sind alle Stromfresser schon längst aus dem Haus verbannt. Schödlbauer arbeitet nicht mit PCs, sondern nur mit Laptops, sämtliche Beleuchtung funktioniert über LED-Technik. Im Hause Schödlbauer hat nicht nur die digitale, sondern auch die nachhaltige Zukunft Einzug gehalten.

Text: Rid Stiftung / Rafael Sala

 

Weitere Erfolgsgeschichten finden Sie hier: